Der Palast des Diokletian
Wenn die Sonne sich senkt, kriechen die Schatten der Palmenkronen langsam an der Palastwand in die Höhe. In Reih und Glied stellen sich die schlanken Stämme am Kai von Split zum Spalier auf für den Lorbeerbekränzten, der hier längst nicht mehr wohnt. Auf und ab könnte er heute flanieren auf der Promenade an der Südseite seines Palastes. Im Korbstuhl eines Cafes unter den roten, grünen und blauen Sonnenschirmen Platz nehmen und sich einen coolen Drink servieren lassen. Auf Kosten des Hauses, versteht sich. Oder schicken Sie mir die Rechnung doch bitte in den Palast. Zu Händen Marcus Aurelius Caius Valerius Diocletianus, unter uns: Diokletian, römischer Imperator a. D., einer der letzten des Römischen Reiches und Vater der Stadt Split.
Doch wahrscheinlich würde der Kurzurlauber aus dem Totenreich seinen Alterswohnsitz nicht wiederkennen. Beinah verschwunden sind die zwei Meter dicken Mauern seines Palastes, die Pferdestallungen, die Soldaten- und Dienstwohnräume, die kaiserlichen Gemächer, die erholsamen Thermen, die filigranen geometrischen Mosaiken, die Galerie mit Meerblick. Stattdessen profane Wohnhäuser, pittoresk getürmt, zum Teil in die Enge gezwängt, und ein unebenes Meer aus Häuserdächern und Dachterrassen, 220 kleinparzellierte Gebäude.
Der Palast des Diokletian, imposantes Zeugnis spätrömischer Baukunst, ist von der Stadt, die sich in seinen Mauern vor langer Zeit einnistete, absorbiert worden. Die antike Architektur wurde von den Bewohnern von Split auf ein nützliches Maß zurückgestutzt. Nicht weit von jenem Ort entfernt, wo der junge Diokletian aufwuchs: Salona.
Heute nur noch eine Grabungs und Besichtigungsstätte, war der kleine Ort zu Zeiten der Geburt eines gewissen Diocles (um 240) die Hauptstadt der römischen Provinz Dalmatien. Als Sohn eines Sklaven oder vielleicht auch eines Hirten wuchs der Junge fünf Kilometer vom heutigen Split entfernt auf. Ein Wurzeltyp, den es am Ende seines Lebens in die Nähe seines Geburtsorts zurückziehen sollte. Aber auch ein Aufsteigertyp, der sein eigenes Profil zu schärfen wusste, sich ergeizig durchboxte und bis zum Kaiser aufstieg. Büsten von ihm zeigen einen bulligen Kopf mit Lorbeerkranz, mit grimmiger oder weiser Mine, manchmal freundlich und auf dem Medaillonportrait im Fries seines Palastmausoleums in Split sogar mit einem Lächeln.
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