Eine Stadt trägt das Ornat der Kaiserzeit
Es waren vor allem deutsche Architekten wie Friedrich von Schmidt und Hermann Bolle, die Zagrebs Kirchen zur Gründerzeit restaurierten und neue, repräsentative Bauten schufen.
Etwas später war der Württemberger Kuno Waidmann maßgeblich am Aufbau der Unterstadt beteiligt. Und wenn wir mit Dr. Makovic durch die Fenster des Cafe Kavkaz schauen, blicken wir auf das vom berühmten Wiener Architektenduo Helmer und Fellner entworfene Nationaltheater am Marschall Tito Platz. Einen prachtvollen Bau im Stil der Neo-Renaissance, wo über hundert Jahre nach der Einweihung durch Kaiser Franz Joseph ganz selbstverständlich Verdi-Opern auf zeitgenössische, einheimische Dramen folgen.
Da mag man sich in dieser vor kavanas (Kaffeehäusern) und Parkanlagen nur so überquellenden Innenstadt für Momente schon mal wie in einem launisch recycelten Alt-Wien vorkommen. Doch die Renovierung der historischen Fassaden blieb bis heute eher auf die öffentlichen Gebäude beschränkt - Folge der Rechtsunsicherheit über den Privatbesitz, der hier einen sichtbaren Investitionsstau ausgelöst hat. Und das ist auch wieder ein Vorteil, wie Dr. Makovic sagen würde. Denn so ist die Stadt in all ihren Brüchen authentisch, aber bestimmt nicht perfekt.
Perfektion - davon ist auch Gisela Baronin Hellenbach von Parzolay zurzeit noch sicher entfernt. 30 Kilometer nordöstlich von Zagreb, in der Kulturlandschaft des Zagorje, harrt die 49-Jährige mit ihrem kroatischen Gatten Mladen, einer Tochter nebst Enkelin sowie zwei gigantischen deutschen Doggen auf dem Familienbesitz in Marija Bistrica aus. Das ist ein kleines, um klassizistische Elemente angereichertes Barockschloss, sehr wahrscheinlich das einzige privat geführte in dieser Region. Aber vornehm fühlt sich das Leben hier für die letzte ihres Geschlechts nicht an. Eher kalt, und manchmal fast aussichtslos.
Im jetzigen Zustand ist Schloss Hellenbach nämlich zuvorderst eine große, zugige Baustelle. Über vier Dekaden hinweg haben die Sozialisten den 1786 erbauten Herrschaftsbesitz verfallen lassen statt ihn sich anzueignen - solange Dionis Hellenbach, der Großvater der Baronin, ebenso macht- wie mittellos darauf hockte. Mit dessen Tod fühlte sich die in Süddeutschland aufgewachsene Enkelin Ende der Achtziger aufgerufen, das insgesamt elf Hektar große Anwesen bei dem Wallfahrtsort zu beziehen. Seither kämpft sie tapfer gegen den augenscheinlichen Verfall des denkmalgeschützten Gebäudes - und für dringend benötigte öffentliche Zuschüsse. Verarmter Landadel, sagt die Baronin sarkastisch, genau das sind wir.
Fünf Monate lang wurde verhandelt, bis das Amt für Denkmalschutz vor kurzem endlich zwölf neue, original-imitierte Innenfenster finanzierte. Seitdem beschlägt es den Hellenbachs bei feuchter Witterung die Scheiben - von der baufälligen Decke in der Haupthalle und den bröckelnden Fassaden ganz zu schweigen. Das alles wäre vielleicht noch ein lösbares Problem, könnte man unterdessen nur die 50000 Quadratmeter Boden verkaufen, die der Familie im Zentrum von Zagreb gehören. Doch in der Hauptstadt bastelt man immer noch am Bebauungsplan. Eigentlich sind wir Millionäre, sagt Gatte Mladen, und hier müssen wir um zwölf Fenster betteln.
Kurien und Schlösser wie das der Hellenbachs gibt es etwa 50 im kleinen, entrückten Zagorien. Aber nur ein geringer Teil davon ist in präsentablem Zustand. In der sozialistischen Republik wurden die Symbole der Feudalgesellschaft mit aggressiver Ignoranz ihrem Verfall überlassen oder zu Kliniken, Heimen und sogar Geflügelfarmen umfunktioniert. Nun fehlen sie als Kulturgut, das ein bisschen Fremdenverkehr ankurbeln könnte. Dabei ist das Zagorje so eine schöne Ecke, hatte die Leiterin des Kulturmanagements in Zagreb noch bedauert. Aber so sei es heute noch fast überall im Land: Wir haben so viel zu bieten. Wir wissen nur nicht, wie wir uns verkaufen sollen.
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