Den Spuren von Kakanien
Der frisch aufgeschüttete Kies zwischen den beiden Gleisen, die dichten Rosenhecken, die alte Stationsuhr - hier müssen sie angekommen sein.
Und wenn die letzte Herbstsonne die Szenerie in fahles Licht taucht, glaubt man mitunter, ihre Geister vor sich zu sehen. Honorige Männer mit wuchtigen Bärten über Stehkrägen, Röcke raffende Damen mit Hutschachteln und verzogenen Hunden, dazu Livrierte und gehörig Entourage vor dichtem Lokomotiven-Dampf: So war es hier doch zugegangen, 213 Meter über Normalnull und gut hundert Jahre entfernt.
Abbazia-Mattuglie, wie es da hieß, war die Endstation Sehnsucht der Fürsten und Versehrten, die im Winter von Wien und Laibach aus anreisten und an der liburnischen Küste Linderung oder Müßiggang suchten - oder eine Melange aus beidem. Kurort seit 1889 und vorletzter Halt der österreichischen Südbahn nach Fiume (Rijeka), dessen leere Wartehalle nahezu unverändert, aber auch etwas marode wirkt. Es ist wie in einem Museum, sagt die einsame Stationsleiterin ohne Begeisterung. Denn natürlich ist jetzt alles schon längst anders in Opatija Matulji. Natürlich kommt hier kaum noch wer mit dem Fernzug an.
Ist es also vielleicht etwas pathetisch, in Kroatiens Norden nach den Spuren von Kakanien zu suchen? Völlig unrealistisch ist es jedenfalls nicht, weil die Kulissen der kaiserlichen Zeit noch fast überall stehen -von der istrischen Halbinsel bis ins östlichste Slawonien. Und nirgendwo stehen sie dichter, pompöser als im ehemals berühmten Opatija. Grandiose Villen und Herrschaftshäuser reihen sich auf der von Palmen gesäumten Hauptstraße aneinander. Davor schmiegen sich fest ausgebaute Promenadenwege mit kleinen Verweilplätzen unmittelbar an die adriatische Küste. Im Kurpark wie an den Hängen über dem Ort, überall sprießt üppige, zum Teil subtropische Botanik hervor.
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